Heute vor 71 Jahren befreiten Soldaten die überlebenden Gefangenen des Vernichtungslagers Auschwitz. Anlässlich des Internationalen Holocaust-Gedenktages. Millionen. Mit der Schickeria-typischen Verplantheit – vormittags musste noch Farbe für eine kommende Aktion abgeholt werden – komme ich erst fünf Minuten nach Ankunft des ICE aus Dortmund am Hauptbahnhof an, um Oded Breda und Mike Schwartz abzuholen. Oded Breda ist Leiter der Gedenkstätte „Beit Theresienstadt“ in einem Kibbuz nördlich von Tel Aviv, die von Überlebenden des „Durchgangslagers“ Theresienstadt gegründet wurde. „Durchgangslager“ bedeutet, dass die zum riesigen Gefängnis umfunktionierte Stadt in der Tschechoslowakei für die von den Nazis deportierten Menschen nur eine Zwischenstation war. Von hier gingen die Transporte weiter nach Auschwitz. Das ist insofern irreführend, als dass hier trotzdem unglaublich viele Menschen von den Nazis durch Hunger und Folter ermordet wurden. Trotzdem war die Situation in Theresienstadt – sofern man das sagen kann – eine andere, als in anderen Lagern. Theresienstadt war so etwas wie ein Vorzeigelager der Nazis, hier wurden neben den tschechoslowakischen Juden viele prominente Häftlinge der Nazis untergebracht. Hierhin wurden einige wenige Male internationale Delegationen, zum Beispiel vom Roten Kreuz, gelassen, um die im Ausland immer weiter bekannt werdende Wahrheit über den Holocaust zu verschleiern. Womöglich aus dem selben Grund – das genaue Motiv dafür ist heute unklar – ließen die Nazis einen Film über das Leben im Lager drehen, der die Situation auf zynische Art und Weise beschönigte. In dem Film spielt Freizeitbeschäftigung und vor allem Fußballspielen eine große Rolle.
![]() ![]() Liga Terezin KölnLiga Terezin FürthTatsächlich wurde den Inhaftierten anders als in anderen Lagern hier „Freizeit“ zugestanden, sie konnten nach der Zwangsarbeit bestimmten Tätigkeiten nachgehen, wie Musik spielen oder hören oder eben Fußballspielen. Daraus entwickelte sich ein richtiges Ligensystem in Theresienstadt mit einige Mannschaften, benannt nach der Arbeitsstelle der Häftlinge im Lager oder auch nach den Fußballclubs, deren Anhänger die Mitspieler waren. Die Spiele hatten teilweise Zuschauerzahlen von bis zu 3.000 Personen und Kinder fertigten beeindruckende Zeichnungen von den Spielern und Spielszenen an und erstellten richtige Fußballmagazine, die von Spielgeschehen und Ergebnissen berichteten. Im Film der Nazis nehmen die Fußballspiele viel Platz ein, tatsächlich spielte er gemessen an der Größe des Lagers und den Zahlen der Inhaftierten keine allzu große Rolle. Die Personen, die in dem Film zu sehen sind, wurden alle wenige Wochen später in Auschwitz ermordet. Insofern wird auch das Zugeständnis von Freizeit innerhalb des Lagers als menschenverachtender Zynismus der Nazis entlarvt, die sich des sicheren Todes der Inhaftierten gewiss waren. Oded Breda, dessen Vater als einziger aus seiner Familie vor dem Holocaust emigrieren konnte, entdeckte auf den Aufnahmen der Nazis seinen ermordeten Onkel beim Fußballspielen.
0 Comentarios
Deja una respuesta. |
AutorEscribe algo sobre ti mismo. No hay que ser elegante, sólo haz un resumen. Archivos
Marzo 2019
Categorías |